07 Februar 2006

Drei Zeilen Eigenlob

Leicht gekürzt erschienen in: Berliner Zeitung, 3. 2. 2006

Auf seiner heutigen Sitzung nimmt sich der Rat für deutsche Rechtschreibung unter dem Vorsitz Hans Zehetmairs noch ungelöster Fragen der Groß- und Kleinschreibung an. Der Vorschlag, statt „Recht haben“ künftig „rechthaben“ zu schreiben, wird vielleicht keine Mehrheit finden, aber sicherlich zu witzig gemeinten Kommentaren über den Zusammenhang zwischen Rechtschreibung und Rechthaberei herausfordern.

Zu besprechen sind außerdem einige Gutachten, die von der Kultusministerkonferenz über die Weihnachtstage eingeholt worden sind. Die Diskussion der meisten von ihnen dürfte nicht sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. So ist die Stellungnahme des Schulbuchverlegerverbands „VdS Bildungsmedien“ ganze zwei Zeilen lang, die des Fachverbands Deutsch im Deutschen Germanistenverband drei Zeilen, die des Deutschen Journalistenverbands vier Zeilen.

Die Autoren dieser und einiger anderer Voten sind selbst Mitglieder des Rats. Sie bewerten also ihr eigenes Werk, weshalb ihr Urteil zwar kurz, dafür aber uneingeschränkt positiv ausfällt. Der Rechtschreibrat wird aller Voraussicht nach diese Gutachten seinerseits gutheißen und an die KMK zurückspedieren. Deren Bonner Zentrale leitet sie daraufhin an die Kultusbehörden in den einzelnen Ländern weiter. Im Hause der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport kommen die Unterlagen dann auf den Tisch von Fritz Tangermann.

Studiendirektor Tangermann ist Vorsitzender des Fachverbands Deutsch im Deutschen Germanistenverband, der ihn in den Rechtschreibrat entsandt hat. Er ist Autor von dessen dreizeiliger Stellungnahme. Und er ist hauptamtlich beim Referat I D der Senatsbehörde mit der „Qualitätsentwicklung“ der deutschen Rechtschreibung und anderer Unterrichtsgegenstände beschäftigt.

Demnächst bietet sich ihm die vielleicht einmalige Gelegenheit zur Selbstbegutachtung der eigenen Selbstbegutachtung. Er kann seinem Dienstherrn, Bildungssenator Klaus Böger, berichten, wie er im Namen des Germanistenverbandes die Arbeit des Rechtschreibrats beurteilt hat, an der er selbst als Delegierter des Germanistenverbandes beteiligt war. Viel Mühe sollte er sich damit aber nicht machen, drei Zeilen reichen vollauf.

Sieben lange Sitzungstage haben die Sprachwarte bisher mit der Reform der reformierten Rechtschreibung zugebracht. Nun blicken sie mit Wohlgefallen auf das Geschaffene. Warum eigentlich auch nicht! Am Anfang war bloß das Wort. Am Ende der Mannheimer Beratungen steht immerhin eine vorläufige amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung, die dritte in zehn Jahren.