Rumpelstilz in Rostock
Gekürzt erschienen in: Neues Deutschland, 3. 2. 2006
Wenn Germanisten Bücher schreiben, möchten sie damit gerne in die Zeitung kommen. Wenn sie Bücher klauen, lieber nicht. Rainer Baasner zum Beispiel, Professor für Neuere deutsche Literatur an der Universität Rostock.
Vor zwei Jahren erschien ein neues Handbuch der Geschichte der Literaturkritik. Es biete »einen fundierten Überblick«, hieß es dazu in der FAZ. »Professoral« sei zwar der »Duktus«, der Inhalt hingegen »wenig gelehrt«, monierte die Süddeutsche Zeitung. Ganz offen gaben beide Blätter an: Bei den Herausgebern des Buches handelte es sich um Rainer Baasner und seinen Marburger Fachkollegen Thomas Anz.
Kürzlich nun hatte Professor Baasner einen Gerichtstermin in Bonn. Ein Angestellter der dortigen Universitätsbibliothek hatte ihn überführt, mehr als hundert wertvolle Bücher gestohlen und verkauft zu haben, Gesamtschaden: 250 000 Euro. Baasner zeigte den Bibliothekar an, legte gefälschte Quittungen vor – und gestand schließlich. Das Amtsgericht verhängte wegen schweren Betruges eine Gefängnisstrafe von 18 Monaten, auf Bewährung.
Die Sache erregte Aufsehen, und der Germanist kam, diesmal wider Willen, in die Zeitung. Aber seltsam: Allenthalben war nur neblig von einem 50 Jahre alten Hochschullehrer die Rede, in Bonn promoviert und mittlerweile an einer Universität »im Osten« tätig. Das Diebesgut habe er bei einem Auktionshaus »im hessischen Königstein« eingeliefert. Et cetera etepetete.
Tatsächlich verhält es sich wie folgt: Rostock liegt im Norden, nicht im Osten. Das Auktionshaus heißt Reiss & Sohn und gilt als feine Adresse. Und der in erster Instanz Verurteilte bekleidet ein öffentliches Amt und hat einen Namen. Er heißt nicht Rippenbiest, nicht Hammelswade und nicht Schnürbein. Er heißt Baasner und hat einmal einen Aufsatz geschrieben über Johann Gottfried Seume und »die höchst erfreuliche Vernachlässigung konventioneller Rücksichten«.
Der Richter urteilte, der Professor habe aus reiner Geldgier gehandelt. Und er habe jedes Recht verwirkt, an einer Hochschule den akademischen Nachwuchs auszubilden. Das ist mal eine klare Sprache.
Wenn Germanisten Bücher schreiben, möchten sie damit gerne in die Zeitung kommen. Wenn sie Bücher klauen, lieber nicht. Rainer Baasner zum Beispiel, Professor für Neuere deutsche Literatur an der Universität Rostock.
Vor zwei Jahren erschien ein neues Handbuch der Geschichte der Literaturkritik. Es biete »einen fundierten Überblick«, hieß es dazu in der FAZ. »Professoral« sei zwar der »Duktus«, der Inhalt hingegen »wenig gelehrt«, monierte die Süddeutsche Zeitung. Ganz offen gaben beide Blätter an: Bei den Herausgebern des Buches handelte es sich um Rainer Baasner und seinen Marburger Fachkollegen Thomas Anz.
Kürzlich nun hatte Professor Baasner einen Gerichtstermin in Bonn. Ein Angestellter der dortigen Universitätsbibliothek hatte ihn überführt, mehr als hundert wertvolle Bücher gestohlen und verkauft zu haben, Gesamtschaden: 250 000 Euro. Baasner zeigte den Bibliothekar an, legte gefälschte Quittungen vor – und gestand schließlich. Das Amtsgericht verhängte wegen schweren Betruges eine Gefängnisstrafe von 18 Monaten, auf Bewährung.
Die Sache erregte Aufsehen, und der Germanist kam, diesmal wider Willen, in die Zeitung. Aber seltsam: Allenthalben war nur neblig von einem 50 Jahre alten Hochschullehrer die Rede, in Bonn promoviert und mittlerweile an einer Universität »im Osten« tätig. Das Diebesgut habe er bei einem Auktionshaus »im hessischen Königstein« eingeliefert. Et cetera etepetete.
Tatsächlich verhält es sich wie folgt: Rostock liegt im Norden, nicht im Osten. Das Auktionshaus heißt Reiss & Sohn und gilt als feine Adresse. Und der in erster Instanz Verurteilte bekleidet ein öffentliches Amt und hat einen Namen. Er heißt nicht Rippenbiest, nicht Hammelswade und nicht Schnürbein. Er heißt Baasner und hat einmal einen Aufsatz geschrieben über Johann Gottfried Seume und »die höchst erfreuliche Vernachlässigung konventioneller Rücksichten«.
Der Richter urteilte, der Professor habe aus reiner Geldgier gehandelt. Und er habe jedes Recht verwirkt, an einer Hochschule den akademischen Nachwuchs auszubilden. Das ist mal eine klare Sprache.
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